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Mensch-Umwelt Interaktion

Forschung

  • Forschungsschwerpunkt 1: Mensch-Umwelt Beziehungen (fachwissenschaftlich physisch-geographisch)

Mein Forschungsschwerpunkt im fachwissenschaftlichen physisch-geographischen Bereich konzentriert sich auf Klimarekonstruktionen in einem interdisziplinären Kontext und ist eng mit internationalen sowie trans- und interdisziplinären Großprojekten verbunden. Teil dieser Forschungsaktivitäten sind die Bohrung und Analyse von langen kontinuierlichen Sedimentkernen aus einer der Ursprungsregionen (Äthiopien, Kenia, Tansania) des modernen Menschen um aktuelle Hypothesen über die Wechselwirkung zwischen Mensch und Klima zu testen.

Multi-Proxy-Aufzeichnungen (aus Ostafrika) sind von entscheidender Bedeutung, um Hypothesen darüber zu testen, wie verschiedene Arten von Klimaschwankungen und Umwelttransformationen die Lebensbedingungen zunächst des Menschen in der Vergangenheit verändert und damit möglicherweise zu wichtigen Entwicklungen in der biologischen und kulturellen Evolution sowie der Mobilität des Menschen in der Menschheitsgeschichte beigetragen haben (z. B. Foerster et al., 2016; Foerster, Zeeden, Junginger, 2022; Cohen et al., 2016, 2022), aber auch unsere Zukunft als Gesellschaft beeinflussen (HESCOR). Aus dieser diachronischen Perspektive lassen sich wichtige Fragestellungen für den Einfluss des aktuellen Klimawandels auf die gegenwärtige und zukünftige  kulturelle Entwicklung des Menschen übertragen: das ist das zentrale Thema des jüngst gestarteten HESCOR Projekts (Cultural Evolution in Changing Climate: Human and Earth System Coupled Research; Profilbildung 2022, MKW NRW), das fakultätsübergreifend an der Universität zu Köln in einer multidisziplinären Struktur Forschung in Mathematik, Machine Learning, Kultur- und Sprachwissenschaften, Archäologie, Meteorologie, Geographie und Didaktik zu einem neuen Wissenschaftsbereich verbindet.

  • Forschungsschwerpunkt 2: Klimabildung & Didaktische Transformation

In meinem Forschungsschwerpunkt Klimabildung & Didaktische Transformation steht die Verknüpfung von aktuellen fachwissenschaftlichen Fragestellungen (Mensch-Klima-Beziehungen) und der (Geographie)didaktik im Vordergrund. Dabei geht es auch darum, wie sich die teilweise hochkomplexen und oft fachübergreifenden Inhalte für verschiedene Adressatengruppen (Kinder, Schüler*innen, Geographiestudierende, Lehramtsstudierende, Allgemeinheit) zugänglich machen lassen und welche Methoden und Strategien der didaktischen Transformation geeignet sind.

Ausgewählte Forschungsfragen:

  • Inwiefern lässt sich die Erstellung von Erklärvideos (dem Konzept Lernen durch Lehren zuzuordnen) als geeignete Lehr-/Lern-Methode in der geographischen Hochschullehre zur Unterstützung der didaktischen Reduktion einsetzen?

-> Maier, V. und Foerster, V., 2021. Studierende gestalten Erklärvideos. Bodenprofile didaktisch reduzieren und videografisch aufbereiten. In: Jeannine Wintzer, Ivo Mossig, Angela Hof (Hrsg.): Prinzipien, Strukturen und Praktiken geographischer Hochschullehre. UTB Verlag, Bern.

  • Lässt sich mit digitalen Lerneinheiten als Open Educational Resources (OER) die kompetenten Beurteilung des Verhaltens komplexer dynamischer Mensch-Umweltsysteme und der geographischen Systemkompetenz fördern?

-> Veröffentlichte OER-Lerneinheiten in diesem Kontext:

“Klimaschwankungen gab's schon immer?! Natürliche von anthropogenen Klimaveränderungen unterscheiden Lernen" von Förster, V., Schittek, K. und Budke, A. (2023). https://www.edulabs.uni-koeln.de/goto.php?target=pg_14877_8862&client_id=iliasedulabs.

“Stadtgrün und Klimaanpassung" von Schittek, K., Kock, S., Foerster, V., Geiger, K. & Budke, A. (2023).

HESCOR-Teilprojekt 5 (GACD und Education) widmet sich neben dem Aufbau einer interdisziplinären Database (GACD = Global Archaeological Cultural Database), explizit der Entwicklung von Lehr- und Bildungsmaterialien. Dabei wird Outreach & Education als eine weitere Möglichkeit der Profilbildung verstanden, denn die Entwicklung von multidisziplinärem Lehrmaterial erfordert eine didaktische Umgestaltung und ein Höchstmaß an systemischem Denken. Es geht also nicht nur um eine Vereinfachung der Ergebnisse, sondern um eine kritische Reduktion, Verdichtung und Transformation, die eine intensive fakultätsübergreifende Zusammenarbeit erfordert. Didaktisch wertvoll ist hier die strukturierte Dokumentation, Erforschung und Analyse der Metaprozesse und metakognitiven Strategien von Schüler:innen die insbesondere beim Vergleichen (Vergleichen als Methode) dieser sehr unterschiedlichen - da multidisziplinären- Daten die Lernenden vor neue Herausforderungen stellt.

In unserem aktuellen Beitrag für das Format Frontiers for Young Minds, bei dem es darum geht jungen Menschen die neuesten wissenschaftlichen Entdeckungen zugänglich zu machen, versuchen wir in Kooperation mit Kolleg*innen des Instituts für Geographiedidaktik unsere komplexen physisch-geographischen Forschungsergebnisse aus dem Bereich Mensch-Umwelt Interaktion, veröffentlicht in Nature Geoscience (Foerster et al., 2022), so aufzubereiten, dass sie für Kinder und Jugendliche gleichzeitig von hoher wissenschaftlicher Qualität, aber auch spannend und vor allem verständlich sind. Dabei übernehmen die Kinder selber die Rolle der Reviewer, werden von einem wissenschaftlichen Mentor im Feedbackprozess begleitet und lernen so u.a. kritische Fragen zu stellen und strukturiert Feedback zu geben.

 

  • Forschungsschwerpunkt 3: Professionalisierung von Lehrkräften

Die Bekämpfung des Klimawandels, als eine der zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft, erfordert fachlich fundierten und zukunftsfähigen Umgang mit den Ursachen und Folgen des anthropogenen Klimawandels. Dies basiert jedoch auf entsprechender Bildung, die derzeit allerdings schwer mit der rasanten wissenschaftlichen Entwicklung Schritt halten kann. Eine besondere Verantwortung kommt damit der Ausbildung von zukünftig Lehrenden in naturwissenschaftlichen Brückenfächern (wie z.B. der Geographie) zu. Im Kontext von Climate Change Education (CCE), bemühen sich Hochschulen weltweit die Ausbildung von zukünftig Lehrenden an die rasant wachsende Entwicklung des Bedarfs im Bildungssektor und die Notwendigkeit der Professionalisierung in Themenfeldern der BNE, wie z.B. dem Klimawandel  anzupassen.

Ausgewählte Forschungsfragen:

  • Wie lässt sich das notwendige systemische Denken durch z.B. den Einsatz digitaler Lerneinheiten fördern?
  • Inwiefern wirken sich Lücken im Fachwissen (Content Knowledge) als auch im entsprechendem fachdidaktischem Wissen (Paedagogical Content Knowledge) sich auf die Handlungskompetenz der Studierenden aus (Schuler et al., 2016; Mehren et al., 2015, 2016)?

-> Foerster und Budke, in review: Mit digitalen Lerneinheiten fit für die Generation Klimawandel? BNE (Bildung für Nachhaltige Entwicklung) in der Geographielehrer*innenausbildung.

Projekte

Tiefbohrprojekte und Klimarekonstruktion

  • Das Chew Bahir Projekt (Äthiopien): Paläoklimadynamik in der Ursprungsregion der Menschheit

Das Chew Bahir Projekt, untersucht als Teil des internationalen Forschungszusammenschlusses Hominin Sites and Paleolakes Drilling Project Klimaschwankungen in Ostafrika, um Hypothesen zu den Zusammenhangen von Klimaschwankungen und der Evolution des Menschen zu testen. Als Teil eines grossen Teams rekonstruieren wir diese Umwelt-Fluktuationen anhand von Multi-Proxy Analysen an lakustrinen Sedimentkernen aus dem Ostafrikanischen Rift.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Vorstudie (2009–2014), die im Rahmen meiner Dissertation 6 Kurzkerne (9–18.8 m) entlang eines NW-SO Transekts durch das Chew Bahir Becken untersucht hat um vor allem die Eigenschaften und zugrunde liegenden Prozesse des fluvio-lakustrinen Sedimentmaterials besser zu verstehen, wurde das ICDP-co-geförderte Chew Bahir Deep Drilling Project mit einer Tiefbohrkampagne im Jahr 2014 realisiert.

Der erfolgreich abgeteufte ~289 m lange Komposit-Kern beinhaltet 620.000 Jahre hoch aufgelöste Klimageschichte, die wertvolle Hinweise über die Mensch-Umweltbeziehungen während der kritischen Entwicklung und Verbreitung des Homo sapiens in Afrika liefert. Die geochemischen, geophysischen, mikrobiologischen und mineralogischen detaillierten Analysen der über 14.000 Sedimentproben aus den über 3 metrischen Tonnen Sedimentmaterial unter spezifischeren Fragestellungen dauern derzeit (2023) noch an und liefen wertvolle Ergebnisse in einer Reihe von interdisziplinären Folgeprojekten.

  • Das DDTB Projekt (Kenia): 4 Millionen Jahre Klima- und Umweltgeschichte aus dem Turkana Becken [co-PI]

Das Deep Drilling Lake Turkana Projekt (DDTB) zielt darauf ab, mithilfe einer wissenschaftlichen Tiefbohrung einen neuen Sedimentkern zu erlangen, um die Auswirkungen der räumlichen Paläoumweltvariabilität auf paläoklimatische und tektonische Rekonstruktionen zu minimieren und Einblicke in die Abfolge und Bedeutung von Klima- und Umweltveränderungen während der letzten 4 Mio. Jahre an diesem wichtigen paläoanthropologischen Ort zu gewinnen. Das Turkana-Becken (TB) im Ostafrikanischen Grabensystem (EARS) bietet aufgrund seiner bemerkenswert reichhaltigen Fossilienfunde, die seit über sechs Jahrzehnten intensiv erforscht werden, eine einmalige Gelegenheit, unsere Ursprünge als Spezies zu verstehen (Wood und Leakey, 2011). Da sich die geologische und paläoanthropologische Forschung jedoch auf Aufschlüsse konzentriert hat, muss bei der Integration dieser Aufzeichnungen sowohl mit räumlicher als auch mit zeitlicher Heterogenität gerechnet werden. Die Arbeit mit diesen beiden Variablen erschwert es der wissenschaftlichen Gemeinschaft, den Einfluss der Tektonik und des Klimas auf die Gestaltung des paläoumweltlichen Kontextes, in dem sich die Homininen in den letzten 4 Ma entwickelt haben, zu analysieren.

  • Das Lake Tanganyika Projekt TSDP (Tansania): Klima, Rifting und Ökosystementwicklung im ältesten tropischen See der Welt vom späten Miozän bis heute [member of the TSDP Consortium]

Das international und interdisziplinär geplante TSDP-Tiefbohrprojekt würde die erste kontinuierliche Aufzeichnung aus den Tropen vom Miozän bis zur Gegenwart liefern, die unser Verständnis der globalen Umweltveränderungen und des ökologischen Kontextes der menschlichen Ursprünge in Afrika verändern und einen detaillierten Einblick in die Dynamik, das Tempo und die Art und Weise der biologischen Diversifizierung und der adaptiven Radiationen geben würde. Das Team entwickelte im Rahmen des im Juni 2019 in Dar es Salaam, Tanzania abgehaltenen ICDP-Workshops wichtige Forschungsziele in den Bereichen Beckenentwicklung, Source-to-sink-Sedimentologie, Evolution der Organismen, Geomikrobiologie, Paläoklimatologie, Paläolimnologie, terrestrische Paläoökologie, Paläoanthropologie und Geochronologie, die durch wissenschaftliche Bohrungen am Tanganyikasee angegangen werden sollen. Lake Tanganyika in Afrika enthält die lückenloseste Aufzeichnung des kontinentalen Klimas vom mittleren Miozän (∼10 Ma) bis in die Gegenwart in den Tropen und ist seit langem als Standort für wissenschaftliche Bohrungen von höchster Priorität anerkannt.